Geteiltes Leid
Ich denke, Sie werden das ähnlich sehen: Das gemeinsame Aushalten von psychischen Leidensdruck ist sicherlich eine schwierige Herausforderung für alle mitfühlenden Menschen. Immer wieder zu erfahren, dass die Anstrengungen wenig bringen, macht das Ganze aber noch erheblich schwieriger. Ich spreche aus Erfahrung und weiß, wovon ich rede. Eine Partnerschaft hat sich so entwickelt.
Miteinander nach gesunden Lösungen zu suchen, macht natürlich trotzdem Sinn. Psychische Erkrankungen entwickeln mitunter eine eigene Dynamik. Es besteht also immer auch Hoffnung auf ein besseres Leben ohne seelische Not. Oder doch zu mindestens auf ein Leben, dass sich für die Kranken erträglich gestaltet.
Den Glauben daran nicht zu verlieren, setzt allemal Kräfte frei. Gleichsam führt kein Weg daran vorbei, dem „Angehörigen“ seine eigene Verantwortung zu überlassen und sich in diesem Sinne klar abzugrenzen. Ich lasse auf diese Weise niemandem im Stich oder verweigere gar meinen persönlichen Beistand.
Ganz im Gegenteil. Wenn ich hinreichend gut für mich und meine Bedürfnisse sorge, dann bin ich auch besser in der Lage, den Anderen durch akute Krisen zu begleiten. Nach Möglichkeit mit wachsendem Erkenntnisgewinn auf beiden Seiten. Ich helfe immer gerne, wenn ich denn helfen kann. Ich bin aber nicht schuldig, wenn meine Hilfe nicht ausreicht. Mein Möglichstes ist getan und den weiteren Verlauf lege ich nun mit gutem Gewissen in Gottes Hand.
Allerdings ist es manchmal auch von Nöten, klare Grenzen zu ziehen. Ich muss wissen, an welchem Punkt meine Bemühungen nicht mehr zielführend sind. Wenn mein Beistand eventuell sogar einer Besserung im Wege steht. Dann sind schmerzvolle Entscheidungen oftmals nicht zu vermeiden. Ich gebe die Verantwortung an den Leidenden zurück und signalisiere gleichsam gerne weiterhin meinen moralischen Beistand.
Geteiltes Leid ist halbes Leid. Leidensdruck, der sich gemeinsam jedoch nicht lösen lässt, hat das fatale Potential, den Irrsinn zu vergrößern. Habe mich irgendwann entschieden, mich dagegen zu verwehren, ist als „Angehöriger“ letztlich mein gutes Recht, auch wenn das sehr hart erscheinen mag. Die Konsequenz meiner eigenen Erfahrungen lässt leider nichts Anderes zu.
von Karak
Diese Geschichte wurde uns im Rahmen der bundesweiten Aktion „Angehörige machen Geschichte(n)“ zugesandt.
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