Angehörige machen Geschichte(n) – Unberechenbar

Unberechenbar

Der Poetry Slam „ungepflegt“ von Leah Weigand hat mich auf die
Idee gebracht, zu überlegen, was die psychische Erkrankung mit
mir, mit uns macht.
Ja, die Krankheit ist angsteinflößend und manchmal
unberechenbar. Sie fordert einen sehr und macht das Leben
schwer.
Wir haben psychisch kranke Partner, Kinder, Freunde oder
Kollegen.
Keiner hat sich die Krankheit ausgesucht, weder die Kranken noch
die Zugehörigen. Wir sind nicht die Verursacher, wir können sie
nicht heilen oder kontrollieren, wir lernen damit umzugehen.

Wir haben es geschafft, uns Hilfe zu holen, uns zu organisieren.
Selbsthilfe tut gut, aber sie beseitigt nicht alle Probleme und
Sorgen.
Wenn ich aufwache und noch an einem schlechten Traum hänge,
kann ich mir bewusst machen, dass ich jetzt wieder in der
Wirklichkeit bin und ich kann den Traum abschütteln.
Ein Mensch mit Psychose kann das nicht, für ihn ist der Albtraum in
seinem Gehirn Realität. So wirr wie der Text, ist manchmal auch
unser Leben.

Da ist ein Riss, ein Riss in allem. Das ist der Spalt, durch den das
Licht einfällt. (nach Leonard Cohen)

Kein Mensch ist nur krank, es gibt auch die gesunden Anteile.
Wir haben moralischen Stress, wir müssen doch etwas tun können,
warum hilft uns denn keiner?
Wir versuchen, in Worte zu fassen, was wir fühlen. Wir hören, dass
es den anderen ähnlich geht. Das hilft uns, nicht zu verzweifeln,
nicht immer, aber immer öfter.
Manchmal ist da ein schönes und inniges Zusammensein,
manchmal Ferne, ganz weite Ferne!
Es gibt berührende Momente, wo der Mensch hinter der Krankheit
wieder sichtbar wird.
Und dann gibt es Zeiten, wo die Realität wieder verschwindet, wo
das Gegenüber wieder verrückt ist.
Wo wir Angehörigen wieder ungehörig sind und endlich etwas zum
Positiven verändern wollen. Wo wir Ärzten und Pflegekräften böse
sind und ihnen das auch rüber bringen. Wo wir das System kaum
noch ertragen können.

Aber wir wollen Probleme doch nicht beklagen, wir suchen nach
Lösungen. Wir wissen, wir sind viele und das gibt uns Hoffnung.
Trotz allem, vieles ist unberechenbar. Aber, das ist das Leben!

von C.E.

Diese Geschichte wurde uns im Rahmen der bundesweiten Aktion „Angehörige machen Geschichte(n)“ zugesandt.

Kontakt: kontakt@angehoerige-im-mittelpunkt.de

>> zurück zur Übersicht mit allen Geschichten, Gedichten und Bildern.

>> zurück zur Aktionswebsite www.angehoerige-im-mittelpunkt.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert