München, 30. Juni 2022 – Diese Thematik betrifft einen begrenzten Personenkreis von schwer psychisch erkrankten Menschen mit Psychosen aus dem schizophrenen Formenkreis und mit bipolaren Erkrankungen. In Folge der fehlenden Krankheitseinsicht und mangelnden Behandlungsbereitschaft von Menschen, die sich nicht krank fühlen und jegliche therapeutische Hilfe ablehnen, kommt es oft zu einem Krankheitsverlauf ohne adäquate Therapie mit Chronifizierung der Erkrankung, negativer Auswirkung auf die Lebensqualität der Betroffenen, verbunden mit zunehmendem Abgleiten in eine soziale Isolierung bis hin zur Verwahrlosung und Verelendung.
Bedeutung für Angehörige
Eine psychische Erkrankung trifft nie nur den betroffenen Menschen selbst, sondern immer auch das soziale Umfeld mit. Viele der genannten psychisch erkrankten Menschen leben in ihren Kernfamilien oder in enger sozialer Verbundenheit mit den nächsten Angehörigen und fristen unter oft dramatischer Einschränkung ihrer Lebensqualität ein weit unter ihren eigentlichen Möglichkeiten liegendes Leben. Die Angehörigen empfinden es als unethisch und schwer erträglich, sehenden Auges miterleben zu müssen, wie eigentlich gut behandelbare psychische Erkrankungen ihrer Familienmitglieder, aufgrund krankheitsbedingt mangelnder Einsichtsfähigkeit, unbehandelt bleiben und die erkrankten Menschen deshalb eine erhebliche Vernachlässigung ihrer Lebensgestaltung und ihres allgemeinen somatischen wie psychischen Gesundheitszustandes erleiden.
Die Angehörigen selbst müssen nicht nur eigene subjektive Bedürfnisse zurückstellen und auf die Realisierung ihrer Lebenspläne verzichten, sondern oft kommt es auch zu sehr belastenden und manchmal sogar bedrohlichen Situationen im Zusammenleben mit den Erkrankten. Manche Angehörige machen buchstäblich eine „Hölle auf Erden“ durch. Das Leid dieser Angehörigen ist groß, ebenso Verzweiflung und Hilflosigkeit. Aufgrund ihrer engen emotionalen Bindung zu dem
erkrankten Menschen können und wollen sie sich nicht von ihm lösen und ihn seinem Schicksal überlassen. Sie sind oft die einzigen verbliebenen Kontaktpersonen. Sie investieren viel Zeit, viel Energie und oft auch viel Geld in die Unterstützung des Angehörigen, um ihn vor weiteren negativen Folgen zu bewahren. Nicht selten wird dabei die eigene Gesundheit maßgeblich vernachlässigt und gefährdet.
Rechtliche Einordnung
Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage und höchstrichterlicher Urteile ist es kaum möglich, nicht unmittelbar sich selbst- oder fremdgefährdende Menschen – notfalls auch gegen ihren aktuellen, krankheitsbedingt eingeengten Willen – einer Behandlung zuzuführen. Oft muss tatsächlich erst etwas „passieren“, ehe eine therapeutische Intervention möglich wird. Manchmal ist es dann zu spät und suizidale Handlungen oder erhebliche Beeinträchtigungen des eigenen Wohls oder
des Wohls anderer, womöglich mit strafrechtlichen Konsequenzen, sind die Folge, so dass die Gefahr besteht, dass der betroffene Mensch letztlich im Maßregelvollzug landet. Zudem gibt es eine kontroverse, teilweise heftig geführte Diskussion in der fachlichen Öffentlichkeit bezüglich einer eventuellen Wiedereinführung von Zwangsmaßnahmen, da das Persönlichkeitsrecht ein aus gutem Grund hohes geschütztes Rechtsgut darstellt.
Fazit
Der ApK Bayern arbeitet ständig daran, das Umfeld rund um psychisch erkrankte Menschen und deren Angehörigen zu verbessern. Er hat deshalb zu diesem Thema eine Initiative in Gang gesetzt und arbeitet intensiv daran, in Diskussion mit zahlreichen Experten, geeignete Lösungsansätze zu finden, sowie Politik und die Öffentlichkeit für diese Problematik zu sensibilisieren. Erforderlich sind völlig neue Denkansätze und womöglich eine Änderung gesetzlicher Regelungen auf Landes- und Bundesebene, welche zudem in Einklang mit internationalem Recht (EU Menschenrechtskonvention, UN-Behindertenrechtskonvention) stehen müssen.
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Der Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch Kranker e.V. ist die gemeinnützige Dachorganisation der bayerischen Angehörigen-Selbsthilfe. In ihm sind sowohl Einzelmitglieder als auch Selbsthilfegruppen und Selbsthilfevereine zusammengeschlossen. Der Landesverband besteht seit 1990 und hat 2.500 Mitglieder (Stand 2022). Der Landesverband ist parteipolitisch und konfessionell neutral. Er ist aktives Mitglied im Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e.V. mit Sitz in Bonn.
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