Angehörige sind mitbetroffen und emotional involviert
Psychische Erkrankungen sind Erkrankungen wie andere auch, und dennoch sind sie ganz anders. Sie sind auch nicht so selten, wie es den Anschein hat. Man spricht nur nicht gerne darüber. Deshalb meinen viele Familien, sie seien weit und breit die einzigen von diesem Schicksal Betroffenen.
Die psychische Erkrankung eines Menschen trifft immer auch seine unmittelbaren Angehörigen und ihm nahestehenden Personen. Familien, Partner und Freunde werden durch eine psychische Erkrankung vor unbekannte und verunsichernde Situationen gestellt.
Je nachdem in welchem Verhältnis der Angehörige zu dem Erkrankten steht, erlebt und erleidet er die Erkrankung unterschiedlich stark mit.
Insbesondere für viele Eltern ist es ein Schock zu erfahren, dass ihr Kind psychisch krank ist. Dauert die Erkrankung länger an, wird diese auch häufig für sie selbst zu einer hohen Belastung. Das gilt nicht nur für minderjährige, sondern auch für bereits erwachsene Kinder.
Aber auch psychisch erkrankte Partner, Geschwister oder Eltern stellen für die nächsten Angehörigen häufig eine besondere Herausforderung dar. Dabei entstehen – je nach Verhältnis zueinander – unterschiedliche Probleme, die es zu bewältigen gilt. Es gibt aber auch Aspekte, die – unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis – nahezu alle Angehörigen gleichermaßen beschäftigen. Daher ist der Austausch mit anderen Angehörigen häufig eine sehr wertvolle und erleichternde Unterstützung.
Angehörige zwischen Hilflosigkeit und Hoffnung
Für Angehörige ist es oft ein langer Weg, bis sie eine psychische Erkrankung und die damit verbundenen Einschränkungen akzeptieren können. Begleitet ist der Weg von einem Wechselbad der Gefühle zwischen Hoffnung und Angst, zwischen Verständnis und Zweifel, und zwischen einer Vielzahl an Belastungen. Glücklicherweise verlaufen viele Erkrankungen günstig. Aber auch bei chronischen Entwicklungen schaffen es die allermeisten Betroffenen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, indem sie lernen, mit den dauerhaften Beeinträchtigungen und auftretenden Krisen gut umzugehen.
Welche Belastungen treten bei Angehörigen auf?
Belastung durch Stigmatisierung
Psychisch erkrankten Menschen werden von der Gesellschaft negative Attribute zugeschrieben. Sie erfahren Stigmatisierung: Freunde, Arbeitskollegen, Nachbarn und Verwandte begegnen ihnen mit Unsicherheit, Unverständnis, aber auch mit ausgeprägtem Misstrauen und Vorurteilen. Diese Stigmatisierung erschwert die Inklusion psychisch erkrankter Menschen oft mehr als die Erkrankung selbst. Diese Ausgrenzung betrifft mittelbar auch die Angehörigen, die schlussendlich damit zu kämpfen haben.
Emotionale Belastungen
Nicht nur die Folgen von Stigmatisierung können für Angehörige zur Belastung werden. Sie sind oft heftigen Gefühlen ausgesetzt, mit denen sie bisher nicht konfrontiert waren, und daher auch nicht gelernt haben, mit ihnen umzugehen. Beratung und Selbsthilfe setzt da an, wo Angehörige den Zugang zu diesen Gefühlen finden, wo sie offen darüber reden und wo sie für sich neue Wege der Verarbeitung beschreiten können.
Angehörige leiden besonders unter Gefühlen von
- Hilflosigkeit und Ohnmacht
- Überforderung und Hoffnungslosigkeit
- Schuld und Scham
- Angst vor Fehlern und Krisen
- Sorge um die Zukunft
Herausforderndes Verhalten
Bei manchen psychischen Erkrankungen treten veränderte Verhaltensweisen auf, die herausfordernd für Angehörige sein können. Zuzuschauen, wie sich ein geliebter Mensch in der Gestaltung seines Alltags, seiner sozialen Kontakte, seines Denkens, Fühlens und Verhaltens verändert, kann zur großen Belastungsprobe für das Miteinander werden. Sowohl der soziale Rückzug, der Mangel an Antrieb als auch Hyperaktivität können irritierend wirken und überfordern. Insbesondere aber auch wahnhaftes Denken und Zwangshandlungen greifen massiv in den Tagesablauf und die emotionale Verfassung aller ein. Gefühle können schwanken zwischen massiver Ablehnung und großem Bedürfnis nach Nähe.
Soziale Belastungen
Angehörige, die sehr stark in die Begleitung und Unterstützung eines psychisch erkrankten Menschen eingebunden sind, können auch im sozialen und finanziellen Bereich Belastungen erleben. Vereinsamung und Isolation sind Gefahren, denen Angehörige aktiv begegnen müssen. Nicht nur für den anderen da sein, sondern sich selbst nie aus dem Blick zu verlieren und gut für sich selbst zu sorgen, das ist Aufgabe der Angehörigen. Aktive Selbstfürsorge erhält Lebensqualität und schützt vor Krankheit!
Finanzielle Belastungen
Oft erleiden psychisch erkrankte Menschen Brüche in ihren Ausbildungs- und Berufsbiographien, die mit finanziellen Defiziten einhergehen. Die nächsten Angehörigen können dadurch auch in finanzielle Nöte gelangen.
Belastungen aufgrund von Versorgungsdefiziten
Auch wenn im Bereich der medizinischen, psychologischen und sozialtherapeutischen Behandlung von psychisch erkrankten Menschen große Fortschritte gemacht wurden, liegen gewisse Versorgungsdefizite vor, unter denen auch Angehörige als mittelbar Betroffene zu leiden haben. Insbesondere die langen Wartezeiten auf einen Behandlungsplatz für Psychotherapie als auch eine mangelnde ambulante Krisenversorgung seien hier genannt. Zudem sieht das Versorgungssystem nach wie vor keine konkrete Unterstützung für Angehörige vor. Auch die leitliniengerechte Einbindung der Angehörigen in die stationäre Behandlung wird noch nicht regelhaft umgesetzt.
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