Psychose

Was genau sind Psychosen?

Tatsächlich gibt es nicht „die eine“ Psychose. Unter den Sammelbegriff Psychose fallen verschiedene psychische Störungen, die eine Gemeinsamkeit haben: In allen Fällen verlieren die Patienten den Bezug zu sich selbst und zu ihrer Umwelt. Die Persönlichkeit der Betroffenen verändert sich, häufig ohne dass sie dies selbst erkennen.

Ein wichtiges Symptom einer Psychose sind zum Beispiel Halluzinationen. Diese können alle Sinne betreffen, also sowohl das Hören, das Sehen, Schmecken, Riechen oder auch den Tastsinn. Auch Wahnvorstellungen, allen voran der Verfolgungswahn oder Beziehungswahn, sind Symptome, die gehäuft auftreten. Auch meinen viele Betroffene, dass die Welt um sie herum nicht mehr real ist, oder denken, sie wären nicht mehr die- oder derselbe. Hinzu kommen meist auch kognitive Einschränkungen wie Unkonzentriertheit und Stimmungsschwankungen.

Häufig entwickeln sich zu den durch die Psychose ausgelösten Symptomen auch noch eine Depression oder Angststörung.

Psychosen können im Rahmen von Erkrankungen auftreten (Sekundäre Psychosen) wie z. B. Stoffwechselstörungen, Infektionen oder Erkrankungen des Zentralnervensystems. Außerdem kann der Konsum von Drogen wie LSD, Speed, Ecstasy oder Crystal Meth oder auch eine Narkose im Rahmen einer Operation eine Psychose auslösen.

Wenn keiner dieser äußeren Auslöser in Frage kommt, spricht man von primären Psychosen, die meist dem schizophrenen Formenkreis zuzuordnen sind.

Eine Psychose kann sich auf vielfältige Weise äußern, die Symptome können von Patient zu Patient variieren. Deshalb hat sich auch die Psychose-Definition im Laufe der Zeit immer wieder gewandelt. Heute weiß man, dass Psychosen Teil verschiedener Erkrankungen sein können - von der Demenz bis hin zu psychischen Störungen wie der Schizophrenie. Auch Drogen, bestimmte Medikamente sowie spezifische Lebenssituationen wie die Phase nach der Geburt können eine Psychose auslösen.

Als Ursache sehen Fachleute verschiedene Faktoren (u. a. Genetik, Lebensereignisse, psychosoziale Belastungen), die zusammentreffen müssen – auch Vulnerabilitäts-Stress-Modell genannt. In diesem Modell geht man davon aus, dass jeder Mensch unterschiedlich verwundbar ist und bei einer bestimmten Belastungsgrenze an z. B. einer Psychose erkranken kann.

Die Erkrankung tritt meistens zwischen 12 und 29 Jahren auf, ein späterer Erkrankungsbeginn ist jedoch auch möglich, und trifft etwa 1 – 2 Prozent der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens.

Welche Formen von Psychosen gibt es?

Primäre Psychosen (nicht organisch oder funktionell bedingt)

Die primären Psychosen sind nicht organisch oder funktionell bedingt. Obwohl es von den Betroffenen selbst oder ihren Angehörigen häufig nicht in Verbindung gebracht wird, zeigen sich oftmals Monate oder gar Jahre vor einem Erkrankungsschub bereits erste Symptome. Zu diesen gehören u. a. Schlaf- und Konzentrationsmangel, Antriebsmangel und eine gedrückte Stimmung. Häufig beginnen die Betroffenen sich zurückzuziehen – sowohl aus dem sozialen Umfeld, aber auch aus dem Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Im weiteren Verlauf der Erkrankung wird es für viele Betroffene notwendig werden, derlei Symptome das nächste Mal frühzeitig richtig deuten zu können, um sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung zu begeben. Oftmals kann man dadurch einen erneuten Schub noch medikamentös abwenden oder verkürzen.

Zu den primären Psychosen gehören die schizophrene Psychose, schizoaffektive Psychose, schizotype Störung, anhaltende wahnhafte Störung, akute vorübergehende psychotische Störung, induzierte wahnhafte Störung und die affektive Psychose.

Nähere Informationen zu den einzelnen Psychoseformen finden Sie hier.

Sekundäre Psychosen (organische, symptomatische)

Eine sekundäre Psychose wird auch als organische Psychose bezeichnet, da ihr eine organische oder symptomatische Ursache vorausgeht. Kann die zugrundeliegende Ursache frühzeitig ausgemacht und entsprechend behandelt werden, verbessert sich der Zustand häufig spontan. Aber auch sonst sind sekundäre Psychosen meist reversibel. Selbst bei chronischen, sekundären Psychosen kann bei entsprechender Behandlung noch eine Besserung herbeigeführt werden.

Die sekundären Psychosen unterteilen sich in sogenannte akute organische Psychosen und chronische organische Psychosen.

Nähere Informationen zu den einzelnen Psychoseformen finden Sie hier.



Tipps für Angehörige

Was kann ich als Angehöriger von jemandem tun, der von einer Psychose betroffen ist?

  • Informieren Sie sich gut über das Krankheitsbild und die Therapie
    Für Menschen, die von einer Psychose betroffen sind, sind unterstützende, soziale Netzwerke häufig ganz besonders wichtig. Andererseits stellt gerade diese Form der psychischen Erkrankungen eine besondere Herausforderung für die Angehörigen dar. Deshalb ist es sehr wichtig, wenn auch nicht voraussetzend, dass Sie sich intensiv mit dem Krankheitsbild, der Symptomatik und auch mit der Therapie auseinandersetzen.
  • Fragen Sie, ob Sie in die Behandlung mit einbezogen werden sollen
    In vielen Kliniken wird bereits der sogenannte „Trialog“ gelebt. Das bedeutet, dass der Betroffene selbst, sein zuständiger Behandler, aber auch der Angehörige des Betroffenen gleichermaßen in die Therapie involviert werden. Dies ist auf der Erfahrung begründet, dass gut informierte und engagierte Angehörige den Krankheitsverlauf des Erkrankten oftmals positiv beeinflussen können. Und auch die Angehörigen profitieren davon, mehr über die Therapie und Erkrankung zu erfahren, werden sicherer im Umgang mit der Situation und haben das Gefühl, „etwas tun zu können“. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Zustimmung des Erkrankten selbst. Deshalb lohnt die konkrete Nachfrage, ob er oder sie möchte, dass Sie in das Behandlungsgeschehen involviert werden sollen.
  • Bleiben Sie im Gespräch, aber diskutieren Sie nicht
    Wenn ein Mensch eine akute Psychose durchlebt, kann er von seinen Ideen, Gedanken oder Vorstellungen sehr überzeugt sein. Vermeiden Sie es deshalb, ihn davon überzeugen zu wollen, dass diese falsch sind. Hören Sie vielmehr mit Interesse zu, um die gegenwärtige Realität des Betroffenen zu verstehen. Zeigen Sie Verständnis und sagen Sie ihm, dass Sie mit ihm darüber noch einmal sprechen möchten, wenn es ihm wieder etwas besser geht.
  • Überfordern Sie sich nicht und ziehen Sie Grenzen
    Da eine Psychose die Betroffenen häufig wiederholt trifft oder über einen längeren Zeitraum begleitet, ist es umso wichtiger, dass sich ihre Angehörigen einen langen Atem bewahren. Das bedeutet, dass Sie unbedingt Ihre Belastungsgrenzen kennenlernen und entsprechend handeln sollten. Je eher Sie einschreiten und u. a. auch ihrem erkrankten Nahestehenden gegenüber Grenzen ziehen, desto mehr Energie haben Sie – auch auf lange Sicht – für sich selbst und den Betroffenen. Dazu gehört auch, dass Sie z. B. Ihren Hobbies und Freizeitaktivitäten, wenn irgend möglich, weiterhin nachgehen und ihre Kontakte pflegen.
  • Suchen Sie sich Unterstützung
    Im Rahmen einer wiederholten oder chronischen Psychose ist es unumgänglich, dass meist auch die Angehörigen der davon Betroffenen dauerhaft Unterstützung und Ansprache benötigen. Als besonders hilfreich hat sich hierbei der Austausch mit anderen Angehörigen gezeigt, da diese häufig ähnliche Probleme und Nöte haben, und man oftmals nicht viel erklären muss, um sich verstanden zu fühlen. Auch machen Angehörige unterschiedliche hilfreiche Erfahrungen, von denen man ebenfalls profitieren kann. Wenn Sie Interesse an einem Beratungsgespräch oder einem Treffen in einer Selbsthilfegruppe mit anderen Angehörigen haben, können Sie sich hier gerne an uns wenden.Davon abgesehen gibt es für Angehörige auch noch weitere Möglichkeiten zur Beratung oder Unterstützung, z. B. in der jeweiligen psychiatrischen Klinik oder auch bei einem niedergelassenen Psychologen.

Benötigen Sie noch weitere Hilfe oder ein Beratungsgespräch?

Der Landesverband Bayern der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V.  bietet Angehörigen von psychisch erkrankten Menschen Hilfe und Unterstützung durch Einzelberatungen, Rechtsberatung, Seminare und Workshops und natürlich durch unsere bayernweiten Selbsthilfegruppen.

Hier finden Sie unseren Kontakt.

So bitte nicht

Folgende Äußerungen, auch wenn Sie gut gemeint sein mögen, sind wenig hilfreich und führen meist eher dazu, dass sich der erkrankte Mensch unverstanden fühlt und möglicherweise zurückzieht:

  • „Du musst keine Angst haben, das sind nur deine Gedanken im Kopf.“
  • „Wenn dich das so unruhig macht, darfst du nicht auch noch Kaffee trinken und rauchen.“
  • „Jetzt konzentrier dich mal besser, dann vergisst du die Stimmen.“
  • „Das hört bestimmt bald wieder auf.“

Besser so

„Ich verstehe, dass dir das Angst macht, wenn du diese Gedanken hast. Erzähl mir mehr davon und wir schauen, wie du besser mit der Angst umgehen kannst.“

„Diese innere Unruhe würde mich auch sehr belasten. Kaffee und Zigaretten helfen aber nur kurzfristig zur Ablenkung, beruhigen aber nicht wirklich, ganz im Gegenteil. Können wir nicht gemeinsam etwas finden, was dich ruhiger werden lässt?“

„Wenn ich diese Stimmen im Kopf hätte, könnte ich mich auch nicht konzentrieren. Erzähl mal, was dir bisher geholfen hat, bei einer Sache zu bleiben. Vielleicht kannst du das in Zukunft öfters so machen.“

„Leider kann es noch eine Weile dauern bis die Therapie richtig anschlägt und du nicht mehr so leiden musst. Ich lass dich aber nicht alleine in dieser Zeit. Du kannst jederzeit mit mir über alles reden. Du nervst mich auch nicht, wenn du mir das Gleiche mehrfach erzählst. Ich hör dir zu, und glaube dir, dass es für dich real ist, auch wenn ich nicht die gleiche Wahrnehmung wie du habe.“